Totholz im Fluss verbessert Gewässerqualität

 

Wirkungsweise von Totholz im Gewässer

Das Belassen von Totholz im Fluss wirft sicherlich Fragen auf, vor allen Dingen, wenn man sich Gewässer als leergefegte „Wasserautobahnen“ vorstellt. Umgestürzte Bäume etwa werden aber durchaus mit Absicht im Fluss belassen, wenn ein möglicher Rückstau nicht zur Gefahr von Überschwemmungen führt.

Durch Flussbegradigungen sind viele Lebensräume etwa für Fische verloren gegangen. Die „Wasserautobahnen“ bieten z. B. Bachforellen oder Barben wenige Unterstandmöglichkeiten und vielen Jungfischen fehlen die Aufwuchsgebiete.

Totholz im Fluss verändert die Strömungsverhältnisse im Fluss und damit die Gewässermorphologie. Es entstehen Ruhebereiche, in denen Fische Unterschlupf finden können. Außerdem bilden sich Sand- und Kiesablagerungen, aber auch Ausspülungen (Kolke), die ebenfalls als Verstecke dienen können. Das Holz ist zudem Lebensraum für Kleinlebewesen im Wasser. Auf dem Holz kann sich ein Algen- und Bakterienfilm bilden, der Weidgängern wie etwa kleinen Schnecken als Nahrung dient. Aber auch einige Eintagsfliegenlarven-Arten leben davon. Diese stellen wiederum ein Nahrungsangebot für Fische dar.

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Totholz im Mündungsbereich der Inde in die Rur bei Jülich-Kirchberg

 

Am Totholz bleibt auch Geschwemmsel aller Art hängen, darunter Altlaub, das wiederum von einigen Tieren gefressen wird.
Diese positive Wirkung hat u. a. dazu geführt, dass das Land NRW in seiner „Richtlinie für die Entwicklung naturnaher Fließgewässer“ (Blaue Richtlinie) den Verbleib von natürlich ins Gewässer gelangtem Totholz sogar vorschreibt. Nur für den Fall, dass dadurch die Gefahr von Aufstauungen besteht, die zu Überschwemmungen führen könnten, darf es im Rahmen der Gewässerunterhaltung entnommen werden.

Totholz als Helfer bei der Gewässerrenaturierung

 Die Rur und ihre Nebengewässer wurden in der Vergangenheit teilweise stark ausgebaut. Dadurch entstanden auf weiten Strecken begradigte Flussabschnitte. Die Uferböschungen wurden befestigt, um eine natürliche Selbstverlagerung des Flussbetts zu verhindern.

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Einbringen von Totholzstämmen in die Rur bei der früheren Ortslage Pier

 

Zum einen wurden durch die künstliche Verengung der Fließkorridore natürlich mäandrierender Flüsse landwirtschaftliche Flächen hinzugewonnen, zum anderen ermöglichen begradigte Flussläufe eine schnellere Ableitung etwa von Hochwasser.

Durch diesen Ausbau gingen jedoch wertvolle Auenbereiche verloren, die früher als Überschwemmungsflächen dienten. Auch im Gewässer reduzierte sich durch die eintönige Gewässerstrukturierung die Artenvielfalt.

Seit einigen Jahren versucht man, Gewässer wieder naturnah umzugestalten und Auenbereiche zu reaktivieren. Dies führt nicht nur zur Verbesserung der natürlichen Lebenszusammenhänge, sondern fördert auch den präventiven Hochwasserschutz.

Die naturnahe Umgestaltung geschieht in der Regel jedoch durch einen erneuten, massiven Eingriff in die Landschaft. Unter Einsatz großer Maschinen werden Flussbetten neu modelliert und Erdmassen bewegt, um Retentionsraum zu schaffen.

Durch das vergleichsweise wenig aufwendige, gezielte Einbringen von Totholz kann jedoch ebenfalls ein eigendynamischer Prozess in Gang gesetzt werden.

So hat der WVER ganz bewusst im Rahmen eines mit EU-Mitteln geförderten Projekts Totholz in die Rur bei der ehemaligen Ortslage Inden-Pier eingebracht.

Der in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Inden und dem Kreis Düren ausgewählte Rurabschnitt bei Pier bot sich an, weil die Rur in diesem Abschnitt weiträumig naturfern begradigt wurde. Außerdem ist hier der notwendige Platz für die Selbstentwicklung des Flusses, weil der linksseitige Uferbereich überwiegend aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen wurde.

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Das Totholz in der Rur verändert die Strömungsverhältnisse und schafft Ruheräume

 

In direkter Nachbarschaft waren zudem mit hiebreifen Pappeln und irreversibel vom Biber geschädigten Bäumen benötigte Totholzstämme vorhanden, die in die Uferböschung eingebracht und darin befestigt wurden, damit sie bei starken Abflüssen nicht unkontrolliert abtreiben können und zum Beispiel vor einer Brücke hängen bleiben.

Erste positive Ergebnisse

Die Maßnahme des WVER ist einem regelmäßigen Monitoring unterworfen, um ihre Wirkungsweise zu dokumentieren. Die eigenständige Entwicklung des Gewässers dauert zwar länger als eine große, unter dem Einsatz schweren Arbeitsgeräts hergestellte Umgestaltung. Dafür ist sie aber klimafreundlicher, weil auf Treibstoff verbrauchende Maschinen weitgehend verzichtet werden kann.

Es zeigen sich bereits positive Veränderungen. Ansonsten nicht oder selten anzutreffende Fischarten werden an dem neuen Lebensraum wieder heimisch (so z. B. Barsche oder Barben), das Gewässerbett verändert seine Struktur.

Die aus der Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse werden in die Leitlinien des WVER für die zukünftige Gewässerentwicklung mit einfließen.

Positive Veränderungen im Gewässer dienen auch der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die die Herstellung eines „Guten Zustandes“ in den Gewässern Europas anstrebt.