Aufgabe der Urfttalsperre
Zur Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts waren infolge der Industrialisierung die Ansprüche an die Wasserwirtschaft kräftig angestiegen. Auch die Landwirtschaft und der Kulturraum in Flussnähe verlangten nach Regulierung der sehr dynamischen Mittelgebirgsabflüsse und darüber hinaus gewann der elektrische Strom als Energieform rapide an Bedeutung.
Unter anderem führten diese Aspekte zu überlegungen, den Wasserreichtum der Eifel-Ardennenregion zu nutzen, weshalb schon ab Mitte des 19. Jahrhunderts der erste bedeutende Talsperrenbau (Gileppetalsperre) erfolgreich betrieben wurde.
Der Aachener Professor Otto Intze hatte es verstanden, sowohl die Generalplanung für das damals größte Talsperrenprojekt des Kontinents zu entwickeln, als auch im Zusammenwirken mit Politikern, Industriellen und potentiellen Nutzern als erstes Element der regionalen Wasserwirtschaft im Gebiet der Eifel-Rur die Urfttalsperre zu bauen und mit einer Wasserkraftanlage in Heimbach zu kombinieren. Wenn auch wegen des begrenzten Speichervolumens die Funktion der Vergleichmäßigung des Wasserabflusses in der Rur durch die Urfttalsperre noch relativ bescheidene Ausmaße aufwies, so amortisierte der Stromverkauf aus Wasserkraft in kurzer Zeit den hohen Investitionsaufwand.
Schon bald wurde erkannt, dass weitere Talsperren mit den unterschiedlichsten Nutzungen erforderlich waren, um weiter steigende Ansprüche an das Wassermanagement zu befriedigen. Der mit dem Betrieb der Urfttalsperre erzielt Erfolg und die verbesserten Leistungen in der Bautechnik waren Ansporn für die Entwicklung zahlreicher Projekte im In- und Ausland, wobei die Urfttalsperre unbescheiden als die Wiege des modernen Talsperrenbaus gelten darf.
Abbildung 1: Kaiser Wilhelm II beim Besuch der Urfttalsperre 1905
Allgemeine Angaben
Das als Gewichtsstaumauer ausgebildete Absperrbauwerk wurde in den Jahren 1900 bis 1905 nach den Plänen von Prof. Dr. Otto Intze errichtet. Die Mauer hat bei einer Höhe von 58 m eine Fußbreite von etwa 50,5 m. Sie ist in der Draufsicht zur Wasserseite gebogen, wobei die 226 m lange Mauerkrone mit einem Krümmungsradius von 200 m ausgebildet ist. Für das Mauerwerk wurden örtlich gewonnene Grauwacke und Tonschiefersteine verwendet. Die Bruchsteine wurden in einem Mörtel aus Sand, Trass und Kalk eingebettet. Die Mauer wurde auf gewachsenem Fels gegründet, ihre Aufstandsfläche dabei abgetreppt. Wasserseitig ist die Staumauer mit einem ca. 2,5 cm dicken Zementputz, der mit einem mehrfachen Anstrich aus Naturasphalt (Goudron) versehen wurde, abgedichtet. Diese schwach-elastische Abdichtung wird im oberen Bereich durch ein Vorsatzmauerwerk und im unteren Bereich durch eine Vorschüttung („Intze-Keil") geschützt.
Vertikale Dränagen, bestehend aus Tonrohren (ø60 mm) in einem Abstand von 2,50 m (angeordnet in zwei Ebenen), sollen in die Mauer eindringendes Wasser ableiten.
Zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Inbetriebnahme im Jahre 1905 war die Urfttalsperre die größte Talsperre in Europa.
Heute wird die Urfttalsperre mit ihrem 45,51 Mio. m³ fassenden Stauraum zusammen mit der Oleftalsperre und der Rurtalsperre Schwammenauel im Verbund betrieben. Mit diesen drei Talsperren stehen rd. 265 Mio. m³ Stauraum zur Verfügung.
Nach Vollendung des zweiten Bauabschnitts der Rurtalsperre Schwammenauel (Aufstockung) im Jahre 1961 ist die Urftstaumauer luftseitig um etwa 12 m eingestaut.
Das Absperrbauwerk
Abbildung 2: Querschnitt
Technische Angaben zum Absperrbauwerk
Untersuchung und Anpassung an die Regeln der Technik
Bereits 1980 wurde im Rahmen eines umfangreichen Untersuchungsprogrammes die Standsicherheit und Gebrauchsfähigkeit der Staumauer mit der Feststellung überprüft, dass die Substanz der Mauer und des Untergrundes in einem guten Zustand sind und die Standsicherheit und Betriebssicherheit der Talsperre sichergestellt ist. Für eine abschließende Beurteilung und zur dauerhaften überwachung der Standsicherheit, die gleichzeitig mit der Anpassung der Talsperre an die allgemein anerkannten Regeln der Technik verknüpft ist, wurde ein umfangreiches Bauprogramm festgelegt. Im Wesentlichen betrafen diese Maßnahmen die Herstellung eines Kontrollgangsystems und die Einrichtung von Mess- und Beobachtungsmöglichkeiten im Innern der Staumauer (1994 - 1999).
Das Kontrollgangsystem, mit dessen Bau bei Aufrechterhaltung des Staus in der Urfttalsperre während der Absenkung des Obersees im Jahre 1994 begonnen wurde, ist so konzipiert, dass der untere Kontrollgang in Höhe der Gründungssohle auf der Oberwasserseite der Mauer vom linken Hang über die Talsohle bis zum rechten Hang hinauf geführt wird. Der obere Kontrollgang verläuft oberhalb des Stauspiegels des Obersees der Rurtalsperre Schwammenauel. Dieser Kontrollgang zweigt vom unteren Kontrollgang ab und schneidet die auf der OW-Seite der Mauer liegenden Dränagen an, so dass diese in Zukunft wieder kontrolliert werden können.
Abbildung 3: Messeinrichtungen
Das Messprogramm, mit dem nun die Sicherheit der Talsperre überprüft wird, besteht aus Verschiebungs-, Porenwasserdruck- und Temperaturmessungen. Die Bewegungen werden mit Hilfe von Extensometern, Inklinometern sowie mittels Pendel- und Schwimmloten gemessen. Außerdem werden regelmäßig Alignementmessungen und Nivellements auf der Mauerkrone vorgenommen.
Solche Bauwerke zeigen ihren „bautechnischen Gesundheitszustand“ nämlich durch ein elastisches Verhalten aus ihren Belastungen aus Wasserdruck und Temperatureinflüssen an.
In den für die Einrichtung der Messquerschnitte erforderlichen Bohrungen werden zudem Wasserdurchlässigkeitstests und Dilatometer-Versuche durchgeführt. Hierdurch werden Erkenntnisse über die Durchströmung und über felsmechanische Kennwerte für die statischen Nachweise gewonnen.
Die an und in der Urftstaumauer durchgeführten Maßnahmen ermöglichen es, das Tragverhalten der Mauer und des Untergrundes genauer zu erfassen und zu überwachen, als es in der Vergangenheit möglich war. Der erreichte Zustand der Urftstaumauer gewährleistet damit eine dauerhafte Stand- und Betriebssicherheit für viele Jahrzehnte.
Abbildung 4: Luftaufnahme der Urfttalsperre